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Wie zeigt sich eine Depression bei Schüler*innen?

Hier informieren wir Sie zu den Anzeichen und Merkmalen psychischer Belastungen und der Depression bei Schüler*innen.

Stimmungsschwankungen, Motivationsprobleme, Auseinandersetzungen – gerade in der Pubertät treten diese Dinge häufig auf und gehören bei vielen Teenagern zur Entwicklung dazu. Auch wenn eine gewisse Gelassenheit dann wichtig ist, ist es dennoch ratsam, genau hinzusehen. Denn wenn Kinder oder Jugendliche beispielsweise dauerhaft bedrückt sind, in der Schule Leistungsprobleme entwickeln, lustlos wirken oder immer wieder in Konflikte mit ihrem Umfeld geraten, können das auch Anzeichen für eine Depression sein.

Häufig gehören Lehrkräfte, neben Schulpsycholog*innen, zu den ersten Personen, denen Veränderungen im Verhalten von Kindern und Jugendlichen auffallen. Sie sind zudem wichtige erste Ansprechpersonen für Schüler*innen.

Daher finden Sie im Folgenden Hilfestellungen und Tipps zur Frage: Wie erkenne ich mögliche Anzeichen einer Depression bei einem/einer Schüler*in? Und wie gehe ich damit um?

Auf diese Symptome sollten Sie achten

Eine Depression bei Kindern und Jugendlichen ähnelt der Depression im Erwachsenenalter. Jedoch gibt es auch einige Unterschiede im Erscheinungsbild. Verglichen mit Erwachsenen äußert sich die Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen häufiger durch Reizbarkeit, körperliche Beschwerden oder Stimmungsschwankungen. Wir erklären, wie sie Anzeichen einer Depression bei Schüler*innen erkennen können und nennen Beispiele, wie sich diese im Schulkontext äußern können.

Im Folgenden sind die Symptome zusammengefasst, die auf eine Depression hindeuten können. Diese Symptome treten nicht unbedingt gleichzeitig auf und können unterschiedlich stark ausgeprägt sein.

Die drei Hauptsymptome einer Depression sind:

  • eine traurige oder gereizte Stimmung (Betroffene „fahren schnell aus der Haut“ und sind z.B. gereizt, wenn man nachfragt, was los ist)

  • Interessenverlust: keine Freude mehr an Dingen, die zuvor Spaß bereitet haben, z.B. nachlassendes Interesse am Unterrichtsgeschehen oder an bestimmten Aktivitäten; vermindertes Interesse an Treffen mit Freund*innen oder Klassenkamerad*innen

  • Energie- und Antriebslosigkeit: Probleme, sich zu bestimmten Dingen „aufzuraffen“ (z.B. Hausaufgaben anzufangen; in die Schule zu gehen); erhöhte Ermüdbarkeit, auch nach kleinen Anstrengungen (z.B. Jugendlicher berichtet, sich tagsüber ins Bett zu legen)

Zusätzlich können bei depressiven Kindern und Jugendlichen folgende Symptome auftreten:

  • Schlafstörungen: vermehrter oder verminderter Schlaf, Einschlaf- und Durchschlafstörungen, frühmorgendliches Erwachen (z.B. ein bis zwei Stunden vor der normalen Aufstehzeit)

  • veränderter Appetit (weniger oder mehr Appetit als sonst); Veränderungen im Gewicht

  • das Gefühl, nichts wert zu sein; wenig Selbstvertrauen (Aussagen wie: „Ich kann das doch nicht!“)

  • Schuldgefühle – z.B. Betroffene fühlen sich schuldig, dass es den Eltern schlecht geht

  • Gedanken an den Tod oder daran, dass das Leben keinen Sinn mehr hat; Gedanken, sich das Leben zu nehmen

  • Aggressivität und Reizbarkeit; mehr Konflikte, z.B. mit den Peers oder den Lehrkräften

  • Konzentrationsschwierigkeiten, Unaufmerksamkeit oder andere Denkstörungen, z.B. verlangsamtes Denken

  • Probleme, Entscheidungen zu treffen – z.B. welches Referatsthema man auswählt oder was man als Nächstes tun soll

  • motorische Unruhe („nicht stillsitzen können“) oder eingeschränkte, verlangsamte Bewegungen

  • Rückzug, bspw. von der Klassengemeinschaft und von Freund*innen; Meiden von gemeinsamen Unternehmungen

  • Gefühle von Einsamkeit (Aussagen wie „Mich mag niemand! Es ruft keiner mehr an!“)

  • häufiges Weinen

  • Grübeln und negatives Denken: Gefühle von Hoffnungslosigkeit oder Verzweiflung; Sorgen und Ängste, z.B. vor der Zukunft

  • geringe Belastbarkeit, schnelle Überforderung auch bei Kleinigkeiten, wie z.B. beim Einpacken der Schulsachen

  • Ängstlichkeit

  • Schulprobleme und Leistungseinbruch

  • körperliche Beschwerden, z.B. Kopfschmerzen, Bauchschmerzen oder Verdauungsstörungen

Bei jüngeren Kindern im Grundschulalter äußert sich eine Depression teils durch andere Symptome. Hier sollten Sie zusätzlich auf folgende Symptome achten:

  • auffälliges Spielverhalten, wie Spielunlust oder verminderte Kreativität im Spiel

  • Wutausbrüche, störendes Verhalten (wie z.B. Streitereien mit anderen Kindern oder Trotzverhalten) und leichte Irritierbarkeit, d.h. Kinder sind leicht aus der Ruhe zu bringen

  • vermindertes Interesse an Bewegung, bspw. auf dem Schulhof oder im Schulsport

  • ängstliches Verhalten

Depression oder Pubertät?

Eine Schwierigkeit liegt darin, dass einige der genannten Symptome mit normalem pubertärem Verhalten verwechselt werden können. So kann z.B. eine gereizte Stimmung auch bei gesunden Heranwachsenden vorkommen. Eine Depression besteht erst, wenn mehrere Symptome gleichzeitig auftreten, über mindestens zwei Wochen und während der meisten Zeit des Tages anhalten. Ob tatsächlich eine Depression vorliegt und welchen Schweregrad sie hat, kann nur von speziell ausgebildeten Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen festgestellt werden.

Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen

Viele Symptome der Depression zeigen sich bei Mädchen und Jungen in ähnlicher Weise. Es gibt aber auch Symptome und Verhaltensweisen, die eher bei Mädchen oder eher bei Jungen auftreten. Hier einige Beispiele:

  1. Mädchen mit Depression leiden im Vergleich zu betroffenen Jungen vermehrt unter Schuld- und Versagensgefühlen und einem niedrigen Selbstwertgefühl.

  2. Mädchen sind zudem häufiger mit ihrem Körper unzufrieden und leiden unter Appetitlosigkeit.

  3. Jungen mit Depression dagegen zeigen eine erhöhte Reizbarkeit. D.h., sie fühlen sich schneller persönlich angegriffen und reagieren dann gereizt. Dadurch können sie auch vermehrt in Streitereien verwickelt sein. Dieses Anzeichen wird aber häufig nicht gleich mit einer Depression in Verbindung gebracht.

  4. Zudem neigen Jungen eher dazu, ihre Depression zu verharmlosen. Ein Grund dafür können gesellschaftliche Rollenbilder sein („Jungs weinen nicht. Jungs müssen stark sein.“). So ist es gesellschaftlich eher akzeptiert, dass Mädchen traurig oder depressiv sind.

  5. Durch Verhaltensweisen wie das Verharmlosen oder auch durch das Auftreten unspezifischer Merkmale der Depression (wie z. B. eine Reizbarkeit) kann es sein, dass eine Depression bei Jungen manchmal schwerer zu erkennen ist.

Aufmerksam sein und Auffälligkeiten ansprechen

Wie gehe ich damit um, wenn ich bei einem/einer Schüler*in eine Depression vermute oder Anzeichen dafür bemerke? Eine wichtige Hilfestellung für Betroffene ist bereits, dass Sie als Lehrkraft aufmerksam sind für Anzeichen von psychischer Belastung oder Erkrankungen wie der Depression. Wenn Sie den Verdacht haben, dass eine Depression bei Ihrem Schüler oder Ihrer Schülerin vorliegt, besprechen Sie Ihre Beobachtungen in einem ersten Schritt mit anderen Lehrkräften und ebenso mit dem Fachpersonal an der Schule, bspw. der Schulsozialarbeit oder der zuständigen Schulpsychologin oder dem Schulpsychologen. Dies kann als Basis für weitere Handlungsschritte, wie das Gespräch mit dem oder der Schüler*in und Elterngespräche dienen. Diese Gespräche können selbstverständlich auch mit dem Fachpersonal Ihrer Schule geplant und/oder gemeinsam abgehalten werden.

Wie Sie Auffälligkeiten bei Schüler*innen ansprechen können und worauf Sie dabei achten sollten haben wir hier zusammengefasst . Zusätzlich informieren wir Sie hier genauer über Fachpersonen, an die Sie Ihre Schüler*innen verweisen können. Geeignete Anlaufstellen für Ihre Schüler*innen haben wir hier für Sie zusammengefasst.

Sofern der/die betroffene Schüler*in sowie die Erziehungsberechtigen zustimmen und eine Schweigepflichtsentbindung vorliegt, können Sie als Lehrkraft außerdem einen wichtigen Beitrag im diagnostischen Prozess leisten. Denn Ihre Beobachtungen als Lehrkraft, bspw. in Bezug auf Veränderungen im Verhalten betroffener Schüler*innen, können neben anderen Informationsquellen in die Diagnostik einfließen (z.B. über Gespräche mit den Behandler*innen oder Fragebögen).

Suizidalität - was können Lehrkräfte tun und wo sind die Grenzen?

Nehmen Sie Suizidäußerungen ernst!

Depressive Erkrankungen sind für die Betroffenensehr belastend sowie kräftezehrend und vieles kann ihnen negativ oder hoffnungslos erscheinen. In besonders schwierigen Phasen kann es dazu kommen, dass Kinder und Jugendliche lebensmüde Gedanken („Selbstmord“-/Suizidgedanken) haben. Oft zögern sie, sich jemandem anzuvertrauen, aus Scham und aus Sorge, andere zu belasten. Betroffene Kinder und Jugendliche denken häufig, dass andere sie nicht verstehen und ihnen nicht helfen können.

Wenn ein*e Schüler*in Ihnen gegenüber solche Gedanken äußert, dann beachten Sie folgende Punkte:

  • Nehmen Sie solche Äußerungen auf jeden Fall ernst!

  • Hören Sie dem oder der Schüler*in zu und verurteilen Sie die Person nicht, sondern machen Sie deutlich: „Es gibt Auswege aus der Krise und dir kann geholfen werden“.

  • Holen Sie sich Unterstützung! Wenden Sie sich an die für Ihre Schule zuständige Fachperson (v.a. vom schulpsychologischen Dienst) und binden Sie in Absprache mit dem oder der Schüler*in die Eltern ein. Achten Sie dabei auf die an Ihrer Schule vereinbarten Vorgehensweisen.

  • Eine Abklärung von Suizidalität gehört in die Hände von Fachpersonen.

  • Im Notfall: Wenn die Schülerin oder der Schüler in einer akuten Krise steckt (z.B. eine Schülerin kündigt an, sich jetzt etwas anzutun) und schnell Hilfe braucht, rufen Sie den Notarzt (112). Beginnen Sie ein Gespräch mit dem Schüler oder der Schülerin. Hören Sie zu und halten Sie das Gespräch in Gang. Lassen Sie den Schüler oder die Schülerin zu keinem Zeitpunkt allein. Mehr Infos hierzu finden Sie hier.