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Belastungsfaktoren für eine Depression im Kindes- und Jugendalter

Welche Belastungsfaktoren können zu einer Depression bei Schüler*innen beitragen?

Eine Depression wird in der Regel nicht durch eine einzige Belastungssituation ausgelöst. Meist spielen mehrere Belastungsfaktoren zusammen. Zudem können z.B. bei einer genetischen Veranlagung belastende Erfahrungen ein größeres Risiko für die Entstehung einer Depression darstellen, als wenn keine genetische Veranlagung vorliegt. Hier finden Sie weitere Informationen zu den Ursachen der Depression. Im Folgenden möchten wir Ihnen spezifischer erklären, welche Belastungsfaktoren bei der Entstehung einer Depression eine Rolle spielen können.

Denn: Ein verbessertes Verständnis der Belastungsfaktoren ist wichtig und kann Ansatzpunkte liefern, um Depressionen vorzubeugen. Als Lehrkraft können Sie einen wichtigen Beitrag leisten, indem Sie diese Belastungsfaktoren kennen und im Umgang mit Ihren Schüler*innen berücksichtigen. Auch im Umgang mit Schüler*innen, die an einer Depression erkrankt sind, hilft das Verständnis der verschiedenen Belastungsfaktoren, um sie bestmöglich zu unterstützen.

Schulfaktoren

Leistungsprobleme in der Schule – wie schlechte Schulnoten und anhaltende Zweifel, den Anforderungen zu genügen – können für Kinder und Jugendliche sehr negative Folgen haben. Die Versetzung kann gefährdet sein; manchmal muss eine Klasse wiederholt werden. Hinzu kommen oft negative Rückmeldungen der Eltern und der Verlust von Ansehen bei den Gleichaltrigen. Das alles kann dazu führen, dass Kinder und Jugendliche sich selbst abwerten und starke Selbstzweifel entwickeln („Ich werde schulisch immer eine Niete sein und nie meine Ziele erreichen.“). Solche Gedankenspiralen können Schüler*innen psychisch sehr belasten und die Entstehung einer depressiven Erkrankung begünstigen.

Lehrkräfte können hier wichtige Unterstützung leisten, z.B. indem Sie Schüler*innen mit Leistungsproblemen auch auf ihre Stärken und Ressourcen aufmerksam machen. Suchen Sie zudem mit den betreffenden Schüler*innen und Familien möglichst frühzeitig das Gespräch, um mögliche Ursachen der Leistungsprobleme ausfindig zu machen und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten.

Auch ein negatives Klassenklima kann dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche depressive Symptome entwickeln. Ein solches Klima ist z.B. geprägt von schlechten Beziehungen zwischen den Schüler*innen untereinander oder zwischen Schüler*innen und Lehrer*innen; Schüler*innen haben das Gefühl, unfair behandelt zu werden und keine Unterstützung und Wertschätzung vonseiten der Lehrer*innen zu bekommen. Ist die Lehrer-Schüler-Interaktion dauerhaft von schlechter Stimmung und Konflikten geprägt und fehlt die emotionale Unterstützung durch Lehrkräfte, kann das zu einer Depression beitragen oder sie verstärken. Besonders, wenn man als Kind bzw. Jugendliche*r keine Strategien gelernt hat, mit Konflikten gut umzugehen, oder dies aufgrund der Depression aktuell nicht möglich ist. Als Lehrkraft können Sie ganz wesentlich zu einem guten Klassenklima beitragen, etwa indem Sie gemeinsame positive Aktivitäten fördern und Wert auf einen respektvollen und zugewandten Umgang miteinander legen und diesen vorleben.

Schwierigkeiten mit Gleichaltrigen: Mobbing, Ausgrenzung

Mobbing (auch Bullying) bedeutet: Jemand wird wiederholt über einen längeren Zeitraum geärgert, gemein behandelt oder erniedrigt. Das führt zu psychischen Belastungen. 

Mobbing unterscheidet sich also von „normalen“ Streitereien, die sich eben nicht gezielt und über einen längeren Zeitraum gegen eine bestimmte Person richten. Hier finden Sie Tipps zum Umgang mit (Cyber-)Mobbing, die helfen können, gerade im schulischen Kontext aktiv dagegen vorzugehen.

Nicht nur Mobbing kann psychisch belasten und zu einer Depression beitragen, sondern auch generelle Schwierigkeiten im Kontaktaufbau und in der Kontaktgestaltung mit Gleichaltrigen. Diese Schwierigkeiten beruhen meist auf negativen Gedanken und eingeschränkten sozialen Fähigkeiten, auf andere angemessen zu reagieren oder auf sie zuzugehen. Freundschaften und Liebesbeziehungen, die von Konflikten, Kritik und Ausschluss geprägt sind, können ebenfalls die Entstehung einer Depression begünstigen.

Belastungen im Zusammenhang mit Flucht und Asyl

Kinder und Jugendliche, die aus ihrem Heimatland fliehen mussten, sind oft stark belastet – und besonders anfällig für psychische Erkrankungen wie z.B. eine Depression.

Viele geflüchtete Kinder und Jugendliche haben in ihren Heimatländern Armut erfahren; manche zudem Krieg, Verfolgung und Gewalt erlebt. Oft haben sie eine wichtige Bezugsperson durch Tod verloren oder wurden von ihr zeitweise oder dauerhaft getrennt. Aus der Heimat fliehen zu müssen, stellt für viele Kinder und Jugendliche ein einschneidendes Erlebnis oder gar ein Trauma dar. Häufig ist die Flucht mit vielen Widrigkeiten und Gefahren verbunden. Oft erleben Kinder und Jugendliche auf der Flucht z.B. Angst und Gewalt bzw. werden Zeuge, wie anderen Gewalt angetan wird. Obwohl vieles bei der Ankunft im Zielland besser ist, wirken diese Belastungen nach, und oft ergeben sich weitere Schwierigkeiten. Manche Kinder und Jugendliche haben einen unsicheren Aufenthaltsstatus, was Angst vor Abschiebung und Stress bedeutet. Außerdem leiden geflüchtete Familien häufig unter finanziellen Schwierigkeiten.

Weil Geflüchtete die neue Sprache noch nicht beherrschen, kann es vorkommen, dass sie sich sozial isoliert und fremd in der neuen „Heimat“ fühlen. Das ist besonders gravierend für Kinder und Jugendliche, die ohne ihre Eltern oder andere Verwandte ins Zielland kommen. Oft ist es auch schwer, sich auf die neue Kultur und ganz andere Gewohnheiten einzustellen, und geflüchtete Kinder und Jugendliche können sich hin- und hergerissen fühlen zwischen neuer und alter Heimat. Auch die Eltern geflüchteter Kinder und Jugendlicher haben in ihrem Heimatland und auf der Flucht Belastendes, oft Traumatisches erlebt. Das kann zu psychischen Erkrankungen der Eltern beitragen – die wiederum bei den Kindern die Entwicklung einer Depression begünstigen können.

Wenn Schüler*innen Flucht und Asyl erlebt haben, kann es bereits eine wichtige Hilfe sein, wenn sie sich in der Klasse integriert und von den Peers und Lehrkräften gut angenommen fühlen. Fördern Sie als Lehrkraft unterstützendes Verhalten seitens der Mitschüler*innen und leben Sie dieses auch aktiv entsprechend vor.

Alkohol-, Zigaretten- und Drogenkonsum

Alkohol, Zigaretten und Drogen sind schädlich für die Gesundheit. Das gilt vor allem für Kinder und Jugendliche, deren Gehirn sich noch in der Entwicklung befindet. Außerdem steigern diese Substanzen die Wahrscheinlichkeit, dass sie eine Depression oder andere psychische Probleme bekommen. Es ist auch bekannt, dass junge Menschen, die schon depressive Symptome zeigen, dann oft noch Alkohol, Drogen und Tabak konsumieren. Das ist eine ungünstige Art und Weise, um mit Problemen zurechtzukommen. Denn die Stimmung verbessert man so nur kurzfristig und die Probleme werden größer statt kleiner. Es gilt: Alkohol, Zigaretten oder illegale Drogen können depressive Symptome noch verstärken. Schulen, die fundiert und zielgruppengerecht über die Gefahren von Alkohol-, Zigaretten- und Drogenkonsum aufklären, können dazu beitragen, solche negativen Entwicklungen zu verhindern.

Depression und Familie

Zunächst einmal gilt: Depressionen kommen bei Kindern und Jugendlichen in allen sozialen Schichten vor. Das Risiko für Kinder und Jugendliche, psychisch zu erkranken, z.B. an einer Depression, ist aber höher in sozial benachteiligten Familien, d.h. Familien mit einem niedrigen sozioökonomischen Status. Ein niedriger sozioökonomischer Status kann dadurch verursacht sein, dass die Eltern keinen Bildungs-/Schulabschluss haben, keinen gut bezahlten Job erlernen konnten und daher auch weniger Haushaltseinkommen zur Verfügung haben. Erklärungen dafür, warum bei Kindern und Jugendlichen aus sozial benachteiligten Familien das Risiko für psychische Erkrankungen höher ist, sind u.a. die stärkere Belastung z.B. durch Arbeitslosigkeit oder einen beengten Wohnraum, ein dadurch angespannteres Familienklima und weniger Unterstützung durch andere.

Eine Trennung oder Scheidung der Eltern kann auch zur Entstehung einer Depression im Kindes- und Jugendalter beitragen. Dabei spielen Erlebnisse, die vor und nach der Trennung oder Scheidung stattgefunden haben, eine sehr wichtige Rolle, wie Ehe- und Familienkonflikte oder dass Kinder und Jugendliche, die bei einem alleinerziehenden Elternteil aufwachsen, oftmals weniger Geld zur Verfügung haben. Kinder und Jugendliche, bei denen dies zutrifft, können daher seltener an Freizeit- und Schulaktivitäten teilnehmen und haben selbst weniger Taschengeld. Dies führt zu einer Benachteiligung gegenüber Gleichaltrigen.

Ein negatives Familienklima, gekennzeichnet z.B. durch fehlendes harmonisches Miteinander, fehlenden Zusammenhalt in der Familie und viele Konflikte sowie strenge Kontrolle der Kinder, kann die Entstehung einer Depression begünstigen.


Einen weiteren Risikofaktor für eine Depression stellt negatives elterliches Verhalten dar. Darunter versteht man, dass Eltern z.B. reizbar, feindselig, aggressiv, ablehnend oder gar gewalttätig gegenüber ihren Kindern sind.


Zudem können unangemessene Erziehungsstrategien seitens der Eltern zu einer Depression im Kindes- und Jugendalter beitragen. Dazu gehören u.a. eine übermäßig streng kontrollierende Erziehung oder auch übertriebene und für das Kind nicht nachvollziehbare Bestrafungen (z.B. wenn das Kind alle Fenster der Wohnung putzen muss, weil es sich um wenige Minuten verspätet hat).


Wenn positive Vorbilder fehlen, übernehmen Kinder und Jugendliche oft die negativen Verhaltensweisen ihrer Eltern. Sie sind dann wütend, aggressiv oder gewalttätig, wenn sie mit Freund*innen oder Geschwistern zusammen sind. Das kann dazu führen, dass sie von Gleichaltrigen abgelehnt werden und keine Freundschaften knüpfen. Dies wiederum kann das Risiko für die Entwicklung einer Depression erhöhen.

Wenn Eltern (ein Elternteil oder beide) an einer psychischen Erkrankung leiden, haben deren Kinder ein erhöhtes Risiko, selbst an einer psychischen Störung zu erkranken. Dabei ist das Risiko für die Entwicklung einer Depression besonders dann erhöht, wenn die Eltern (oder ein Elternteil) auch an einer Depression erkrankt sind. Die Erkrankung der Eltern erhöht das Erkrankungsrisiko ihrer Kinder über mehrere Mechanismen, wie u.a. über genetische Einflüsse, die Weitergabe von negativen Denkmustern (wie z.B. „Ich bin ein schlechter Mensch“) oder indem Eltern ihre Kinder aufgrund der Erkrankung weniger unterstützen können als gewollt.

Einschneidende Lebensereignisse

Der Verlust eines Elternteils (oder einer nahestehenden Person) erhöht das Risiko für die Entstehung einer Depression im Kindes- und Jugendalter. Insbesondere wenn Kinder und Jugendliche weniger gut mit Stress umgehen können oder wenn die Familie wenig emotionale und soziale Unterstützung von außerhalb bekommt. Die negativen Konsequenzen von Verlusterlebnissen können sich noch verstärken, wenn ein Kind oder ein*e Jugendliche*r an sich schon ein niedriges Selbstwertgefühl hat.

Das Risiko, an einer Depression zu erkranken, erhöht sich, wenn Kinder und Jugendliche körperliche oder sexuelle Gewalt erleben – egal, ob außerhalb des Elternhauses oder als häusliche Gewalt. Dabei gilt: Man muss die Gewalt nicht einmal selbst direkt erleben; es reicht, Zeuge von Gewalt zu werden bzw. davon zu hören, dass anderen Gewalt angetan wird. Neben Gewalterfahrungen stehen auch emotionale und körperliche Vernachlässigungen im Zusammenhang mit einer Depression.