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Psychisch belastete Schüler*innen ansprechen

Was Sie bei der Kommunikation mit Schüler*innen mit einer psychischen Belastung oder Depression beachten sollten.

Wenn Sie Schüler*innen kennen, die psychisch belastet oder gar an einer psychischen Erkrankung wie z.B. einer Depression erkrankt sind, stellen Sie sich vermutlich einige Fragen, wie Sie betroffene Schüler*innen dazu ansprechen können.

Im Folgenden möchten wir Ihnen daher Infos und Tipps bereitstellen, die für die Kommunikation mit betroffenen Schüler*innen hilfreich sein können.

Fall 1: Sie vermuten eine psychische Belastung oder Erkrankung bei Schüler*innen


Sie haben Schüler*innen in Ihrer Klasse, bei denen Sie Auffälligkeiten beobachten, die auch bei psychischen Belastungen oder gar Erkrankungen auftreten können. Dies können veränderte Verhaltensweisen, wie z.B. eine veränderte Stimmung in Form von Niedergeschlagenheit oder Reizbarkeit, Konzentrationsprobleme, Verschlechterung der Noten, weniger Beteiligung am Unterricht oder vermehrtes Vergessen von Hausaufgaben sein.

Fall 2: Sie wissen von einer psychischen Erkrankung bei Schüler*innen


Sie werden von (betroffenen) Schüler*innen bzw. den Eltern selbst, von einem Behandelnden oder von Ihrer Schulleitung oder dem*der Schulpsycholog*in über eine bestehende psychische Erkrankung bei Schüler*innen informiert.

Empfehlungen zur Kommunikation

In beiden Fällen gelten die gleichen Kommunikationsempfehlungen.

  • Seien Sie den Schüler*innen gegenüber transparent.

  • Suchen Sie ein Gespräch in einem ruhigen Moment und ruhiger Umgebung.

  • Achten Sie zudem darauf, dass die Schüler*innen offen für ein Gespräch scheinen. Bitten Sie beispielsweise die Schüler*innen nach der Stunde, aber zu einem Zeitpunkt, an dem dies keinen Stress verursacht, noch in Ruhe um ein Gespräch und warten Sie, bis die anderen Schüler*innen das Klassenzimmer verlassen haben.

  • Weisen Sie die Schüler*innen darauf hin, dass die Informationen bei Ihnen vertraulich sind und Sie sie nicht einfach weitergeben werden, außer die Schüler*innen möchten das bzw. sind damit einverstanden oder die Schüler*innen selbst oder andere sind in Gefahr. 

  • Auch mit Blick auf die Weitergabe an die Schulleitung, Fachpersonen (z.B. der Schulpsychologie oder Schulsozialarbeit) und Behandelnde empfehlen wir, dies transparent mit den Schüler*innen zu besprechen und nicht hinter ihrem Rücken zu handeln, denn dadurch kann Vertrauen verloren gehen.

Fall 1: Sagen Sie den Schüler*innen, dass Sie Veränderungen im Verhalten oder in der Stimmung bemerkt haben (z.B. weniger Beteiligung am Unterricht, Zurückgezogenheit oder Niedergeschlagenheit). Schildern Sie, dass Sie sich daher Sorgen machen, dass es ihnen nicht gut geht. Beziehen Sie sich dabei auf das Verhalten, nicht die Person (z.B. „Ich merke, dass es dir schwerer fällt, im Unterricht mitzumachen“ statt „Du bist nicht bei der Sache“). Eine mögliche Formulierung könnte so aussehen: „Ich merke, dass du in letzter Zeit oft niedergeschlagen bist und dich oft zurückziehst. Kannst du verstehen, dass ich diese Beobachtungen gemacht habe? Gibt es Dinge oder Veränderungen in der Klasse, die dich belasten? Ich möchte herausfinden, was dich belastet und würde dich gerne unterstützen.“ 

Fragen Sie die Schüler*innen, ob ein Gespräch zum jetzigen Zeitpunkt für sie in Ordnung ist, sie dieses auf einen anderen Zeitpunkt verschieben wollen und/oder eine*n Freund*in oder die Eltern hinzuziehen möchten.

Fall 2: Sagen Sie dem*der Schüler*in, dass Sie auf die vorliegende psychische Erkrankung hingewiesen wurden und Ihnen das Thema und das Wohlbefinden des*der Schüler*in wichtig ist. Bieten Sie den Schüler*innen ein Gespräch an und fragen Sie, ob dies jetzt für sie in Ordnung ist oder ob sie es auf einen anderen Zeitpunkt verschieben wollen und/oder eine*n Freund*in oder die Eltern hinzuziehen möchten. Fragen Sie die Schüler*innen, ob sie sich von Ihnen als Lehrkraft Unterstützung wünschen und wenn ja, wo Sie sie im Unterricht oder mit der Klasse unterstützen können. Vielleicht wünschen sie sich Unterstützung bei der Bewältigung schulischer Aufgaben oder bei einem Gespräch mit der Klasse.

Empfehlungen im Gespräch

Für den Gesprächsverlauf können Sie sich an folgenden Empfehlungen orientieren:

Signalisieren Sie den Schüler*innen, dass Sie zuhören und ein offenes Ohr haben. Hören Sie aktiv und zugewandt zu (bspw. die Schüler*innen ansehen und im Gesprächsverlauf durch Nicken Aufmerksamkeit signalisieren), unterbrechen Sie die Schüler*innen nicht und fassen Sie gegebenenfalls für Ihr Verständnis das Gesagte noch einmal neutral zusammen. Machen Sie den Schüler*innen deutlich, dass Sie es wertschätzen, dass sie sich Ihnen anvertrauen.

Signalisieren Sie den Schüler*innen, dass Sie Verständnis für die Situation haben, dass es beispielsweise nachvollziehbar ist, wenn sie niedergeschlagen oder wütend sind, auch wenn Sie selbst ggf. anders reagieren würden, z.B.: „Ich kann verstehen, dass/warum du wütend/traurig bist.“

Floskeln wie „Das wird schon wieder“, „So schlimm ist das doch nicht“ oder „Jetzt schau mal wieder fröhlicher“ signalisieren den Schüler*innen, dass ihre Gefühle und Sorgen unwichtig und nicht „richtig“ sind. Vermitteln Sie den Schüler*innen stattdessen, dass Sie die Gefühle und Sorgen ernst nehmen.


Dazu gehört auch, dass Sie sensible Informationen der Schüler*innen außer in Ausnahmesituationen (z.B. akute Suizidalität) nicht weitergeben.

Niemand hat „Schuld“ an einer Depression. Verurteilen Sie die Schüler*innen nicht, etwa mit Sätzen wie „Warum hast du es so weit kommen lassen?“. Machen Sie auch die Schüler*innen nicht für die schwierige Lage verantwortlich („Wenn du doch nur …“, „Das liegt daran, dass du immer …“).

Es ist verständlich, wenn Sie sich als Lehrkraft im Gespräch mit psychisch belasteten oder erkrankten Schüler*innen unsicher fühlen. Sie möchten helfen, aber auch nichts Falsches sagen. Versuchen Sie im Gespräch keine Versprechungen zu machen, die Sie nicht halten können. Mit Sätzen wie „Du wirst sehen, in zwei Wochen haben wir das wieder im Griff“ möchte man betroffene Schüler*innen beruhigen und Optimismus zeigen, jedoch liegt ein solches Versprechen außerhalb Ihrer Einflussmöglichkeiten. Als Lehrkraft unterstützen Sie die Schüler*innen schon sehr, wenn Sie ein Gespräch suchen, Verständnis zeigen und Unterstützung anbieten.

Versprechen Sie den Schüler*innen am Anfang nicht, dass Sie auf keinen Fall Gesprächsinhalte und Informationen weitergeben werden.


In Notsituationen (bspw. im Zusammenhang mit Suizidalität) oder wenn Sie selbst merken, dass es Ihnen zu viel wird, kann es nötig oder sogar erforderlich sein, Fachpersonen hinzuzuziehen.


Dies können Sie den Schüler*innen auch transparent erklären: „Ich erzähle deine Sorgen und Gefühle nicht weiter, außer du bist einverstanden oder ich merke, dass eine Notsituation vorliegt und wir Fachpersonen hinzuziehen müssen.“

Fragen Sie die Schüler*innen direkt, wie Sie sie unterstützen können, beispielsweise im Unterricht. Mehr Informationen zur Unterstützung von betroffenen Schüler*innen finden Sie hier. Sie können Schüler*innen ebenfalls die „ich bin alles“-Website empfehlen, auf der sie sich selbst weiter zu den Themen Depression und psychische Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen informieren können und unter dem „Hilfe“-Button professionelle Anlaufstellen finden.

Es kann durchaus vorkommen, dass Schüler*innen anfänglich abblocken, Probleme leugnen und ggf. wütend reagieren. Nehmen Sie das nicht persönlich – vielen Schüler*innen fällt es schwer, über Probleme zu sprechen, oder sie schämen sich dafür. Akzeptieren Sie, dass die Schüler*innen Zeit brauchen, und drängen Sie sie nicht. Signalisieren Sie, dass Sie da sind und ein offenes Ohr haben.

Als Lehrkraft ist es nicht Ihre Verantwortung, psychische Probleme und Schwierigkeiten Ihrer Schüler*innen zu lösen. Wenn Sie merken, dass Sie im Gespräch mit psychisch belasteten oder erkrankten Schüler*innen selbst an Ihre Grenzen kommen oder sich unsicher fühlen, möchten wir Sie dazu ermutigen, sich an eine für Ihre Schule zuständige Fachperson (der Schulpsychologie oder Schulsozialarbeit) zu wenden. Sprechen Sie dies mit den Schüler*innen an, z.B. so: „Ich merke, dass es dir nicht gut geht, und würde gerne eine Fachperson mit einbinden. Diese hat Schweigepflicht und muss nichts erfahren, was du nicht möchtest. Ist das in Ordnung für dich?“


Falls Schüler*innen nicht einverstanden sind, Sie aber merken, dass Sie Unterstützung benötigen, können Sie sich auch ohne Weitergabe von persönlichen Informationen allgemeinen Rat von den Fachpersonen einholen. Wenn Sie bereits mit der Fachperson im Kontakt sind (siehe Fall 2), können Sie diese um Rat fragen.

Achtung bei der Weitergabe von Informationen!

Allgemein gilt für Lehrkräfte die sogenannte Amtsverschwiegenheit. Auch mit Blick auf das Vertrauen der betroffenen Schüler*innen raten wir, alle Schritte, die Sie unternehmen, mit den Betroffenen abzusprechen. Beispielsweise wenn es darum geht, sich mit anderen Kolleg*innen dazu auszutauschen oder Informationen weiterzugeben. Es kann auch vorkommen, dass sich betroffene Schüler*innen schämen und daher nicht möchten, dass jemand anders davon erfährt. Behalten Sie hier auch die Dienstwege und Verantwortlichkeiten an Ihrer Schule im Hinterkopf. Sollten Sie sich bei diesen unsicher sein, möchten wir Sie ermutigen, die Information bei Ihrer Schulleitung und/oder Kolleg*innen zu erfragen.

Wenn es sich jedoch um eine Notsituation handelt, weil Sie z.B. das Gefühl haben, dass sich ein*e Schüler*in etwas antun könnte, dann ist der Schutz des oder der Schüler*in wichtiger. Dann greift das Notfallkonzept, das es an Ihrer Schule für solche Fälle geben sollte (weitere Informationen zu Notsituationen finden Sie hier). Falls Sie dieses noch nicht kennen, fragen Sie bei Ihrer Schulleitung und/oder dem oder der für Sie zuständigen Schulpsycholog*in nach.

Sollte ein solches Konzept noch nicht existieren, können Sie den Anstoß geben, dass Ihre Schulleitung zusammen mit den Fachpersonen ein solches entwickelt. Vor allem in solch schwierigen Situationen sind klare Wege und Verantwortlichkeiten wichtig und entlastend. Wenn ein*e Schüler*in Ihre Hilfe und/oder Ihre Unterstützungsvorschläge ablehnt und Sie sich Sorgen um eine*n Schüler*in machen, sollten Sie sich an die zuständige Fachperson an Ihrer Schule wenden.